Die Zahlen sind für Kommunist*innen überwältigend: KPÖ 29,1% (bisher 20,3%), ÖVP (konservativ) 25,7% (bisher 37,8%), Grüne 16,7% (bisher 10,5%), FPÖ (rechtsextrem) 11,3% (bisher 15,9%), SPÖ 9,7% (bisher 10,0%), NEOS (liberal) 5,2% (bisher 3,9%). Im 48-köpfigen Gemeinderat bedeutet das für die KPÖ einen Mandatszuwachs von 10 auf 15 und im Stadtsenat, der Stadtregierung, von zwei auf drei Sitze. Auf die ÖVP entfallen zwei und auf Grüne und FPÖ je eines.
Nicht nur »Kümmererpartei«
Dass ein solches Wahlergebnis zum Zeitpunkt noch nicht in allen seinen Dimensionen verarbeitet worden sein kann, versteht sich von selbst. Eines allerdings ist klar: Dieser Erfolg der Grazer KPÖ hat eine lange Vorgeschichte, eine konsequent und unbeirrt verfolgte soziale und populäre Kommunalpolitik, verbunden mit persönlichem Engagement und demonstrativer Selbstbeschränkung bei den in Anspruch genommenen Gehältern (von denen ein Großteil an arme Grazer*innen gespendet wurde), an der sich die bisher herrschenden Parteien in Graz die Zähne ausgebissen haben. Die KPÖ in Graz ist aber nicht nur die »Kümmererpartei«.
Auch die Prestige- und finanziell abenteuerlichen Projekte, wie die Olympiabewerbung, die Gondel auf den Plabusch, einen Berg im Stadtgebiet, oder wie zuletzt die Ankündigung einer Grazer Metro, über die sich die Partei Nagls zu profilieren versuchte, wussten die Grazer Kommunist*innen im Interesse sozialer Stabilität der Stadt durch Volksbefragungen und Unterschriftensammlungen zu verhindern. Unvergessen ist auch die Ansage von Kahrs Vorgänger Ernest Kaltenegger als Wohnungsstadtrat anlässlich der »Europäischen Kulturhauptstadt Graz«, dass Kultur bedeute, dass jede Gemeindewohnung ein eigenes Bad haben muss, was er auch umsetzte.
Erinnert werden muss auch an die Tricks, mit denen die schwarz-blaue Stadtregierung nach der letzten Wahl die soziale Kompetenz der KPÖ durch Entzug des Wohnungsreferats zu untergraben versuchte und der zweitplatzierten Elke Kahr die Wahl zur Vizebürgermeisterin verweigerte. Auch für diese Brüskierungen haben die Grazer Wähler*innen offenbar ein empfindliches Gespür und ein Gerechtigkeitsgefühl entwickelt.
Erfolg auch in den Bezirken
Zum Wahlerfolg gehören auch die Wahlergebnisse in den 17 Grazer Bezirken, in denen statt einem, die KPÖ nunmehr in acht Bezirken den/die Bezirksvorsteher/in stellt. Die stabile Verankerung der KPÖ in Graz spiegelt auch die Wählerstromanalyse wider. 80 Prozent der KPÖ-Wähler*innen von 2017 blieben bei ihrer Wahlentscheidung – der höchste Anteil aller Parteien und den relativ größten Zuwachs holte sich die Partei aus dem bisherigen Nichtwähler*innensegment. Und noch etwas: Auch noch so scheinbar festgefügte politische Bastionen – auch Herrn Nagels Bürgermeisteramt schien noch Stunden vor der Wahl unantastbar – können in kurzer Zeit erodieren.
Die KPÖ ist nunmehr nicht nur wahrscheinliche Bürgermeister*innenpartei in Graz, sondern auch in drei weiteren Landeshauptstädten zum Teil auch in Bündnissen präsent und seit einem Jahr auch in Wien gemeinsam mit LINKS in 15 Bezirken mit 23 Mandaten vertreten.
KPÖ-Bundessprecher Tobias Schweiger: »Für uns ist klar, dass das nicht nur ein Sieg in Graz war, sondern auch ein starkes Signal für eine starke Linke in ganz Österreich.«
erstveröffentlicht in: Volksstimme (Vollversion)