Die Sackgasse, in die uns die Austeritätspolitik führt, ist in erster Linie in Griechenland sichtbar, aber man kann sie in ganz Europa spüren. Das austeritäre Regime erweist sich nicht nur als ineffektiv und zwecklos zur Bewältigung der Krise, sondern stellt sich darüber hinaus auch als gefährlich heraus.
Austeritätspolitik veränderte das Wesen der Krise immer wieder: Zuerst hat sie die Finanzkrise in eine Budgetkrise verwandelt, dann die Budgetkrise in eine realwirtschaftliche Krise, und nun haben wir es mit einer Disinflationskrise zu tun.
Die Deflation ist eine vorhersehbare Begleiterscheinung der Austeritätspolitik, die die verhängnisvollen Auswirkungen aller vorherigen Phasen der Krise weiter verstärken und Europa einmal mehr in die Rezession stürzen wird.
Das europäische politische Establishment ist auf die neoliberale Austeritätspolitik geradezu fixiert. Als negative Konsequenz dieser Dogmatik ist das Regime heute dazu gezwungen, Anpassungsmaßnahmen zu ihrem eigenen Überleben umzusetzen, die – wenn auch begrenzt – deutlich spürbar sind. Das Regime selbst ist also dazu gezwungen, Risse in der Mauer zu erlauben, die es selbst im Glauben gebaut hat, um das Schlimmste verhindern zu können.
Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass es nun an der Zeit ist, einen definitiven politischen Wandel in Europa herbeizuführen. Denn Europa erlebt einen alarmierenden und gefährlichen Rechtsruck. Diese Verschiebung droht Europa in den Abgrund der extremen und populistischen Rechten zu drängen, die nur darauf warten muss, dass das Unaufhaltsame eintritt.
Diese Bedrohung zeigt sich nicht nur in Griechenland oder Frankreich, sondern auch in Europas „Modellstaat“ Schweden. Dies zeigt, dass das neoliberale Projekt gescheitert ist.
Das Risiko, dass Europa wieder in eine Rezession gestürzt wird und seine Krise auf die Weltwirtschaft überträgt, macht eine radikale politische Kehrtwende nötig. Eine radikale politische Kehrtwende, die ihren Ausgang wahrscheinlich in Griechenland mit dem bevorstehenden Wahlsieg der SYRIZA nehmen wird.
Wir fordern die unverzügliche Anerkennung des Wähler_innenwillens und ein starkes Mandat, um die folgende Ziele zu verhandeln:
- Die nominalen Schulden müssen größtenteils erlassen werden. Ein solcher Schuldenschnitt wurde für Deutschland 1953 durchgeführt – in Griechenland soll dies nun im Jahr 2014 geschehen.
- Im Rückzahlungsmodus der verbleibenden Schulden muss es eine „Wachstumsklausel“ geben, um sicherzustellen, dass sich die Höhe der Rückzahlungen am Wachstum orientieren und nicht am Budgetüberschuss.
- Eine „Gnadenfrist“ (Moratorium) soll eingeführt werden, um die Volkswirtschaften mit Ressourcen für das erforderliche Wachstum auszustatten.
- Das öffentliche Investmentprogramm soll von den Einschränkungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ausgenommen sein.
- Ein „Europäischer New Deal“ soll ausgehandelt werden, der öffentliche Investments für Wachstum beinhaltet und von der Europäischen Investitionsbank finanziert wird.
- Quantitative Lockerungsmaßnahmen sollen von Seiten der Europäischen Zentralbank durch Direktankäufe von Staatsanleihen eingeführt werden.
Wir fordern ein starkes Mandat des Volkes, um die Rückzahlung der zur Zeit der deutschen Besatzung aufgezwungenen Darlehen zu verlangen. Dies wird unsere offizielle Position sein. Für uns stellt dies nicht nur eine bilaterale Streitfrage dar, sondern eine europäische Frage, die ungelöst bleibt, da sie mit der finalen Aufarbeitung eines der schmerzhaftesten Kapitel der europäischen Geschichte zu tun hat. Dies haben wir auch unseren Partnern klar und deutlich vermittelt.
Wir fordern ein Mandat der parlamentarischen Mehrheit und einen kollektiven Einsatz zur Beendigung der Austeritätspolitik.
Nur SYRIZA garantiert die soziale, wirtschaftliche und politische Stabilität Griechenlands.
Wir werden der Austeritätspolitik in Griechenland ein sofortiges Ende setzen und Arbeitsplätze schaffen. Denn nur wir können Jobs, Löhne und Pensionen für die griechische Durchschnittsbevölkerung garantieren.
Vor zwei Monaten haben wir die detaillierte und sorgfältig berechnete „Thessaloniki Agenda“ vorgelegt; ein Programm, das den Übergang von Armut zu Hoffnung definieren soll.
Der nichtverhandelbare und sofort anwendbare „Nationale Wiederaufbauplan“ zielt darauf ab, die humanitäre Krise zu überwinden und der Wirtschaft einen Neustart zu ermöglichen, Arbeitsplätze zu schaffen und eine institutionelle und demokratische Reform des politischen Systems umzusetzen.
Seit der Thessaloniki Agenda kann sich die griechische Bevölkerung sicher sein:
Griechenlands Zukunft ist alles andere als unsicher.
Mit Sicherheit kann angenommen werden, dass die nächste griechische Regierung eine SYRIZA-Regierung sein wird.
Der Wahlsieg der SYRIZA wird ein Sieg für die gesamte europäische Bevölkerung sein. Der Wahlsieg der SYRIZA wird in ganz Europa einen Triumph der Hoffnung darstellen, der sich vom Süden ausgehend in Europa ausbreitet. Er wird die Niederlage der Strategie der Angst bedeuten.
Er wird das Ende der Austeritätspolitik einleiten.
Vor der Wahl stellten wir klar, dass Austeritätspolitik mit der Linken und Europa unvereinbar ist.
Daher wird der Wahlsieg der SYRIZA nicht nur für die griechische Bevölkerung wichtig sein.
Er wird für alle Menschen wichtig sein, unabhängig davon, wo in Europa sie leben.
Er wird für alle freien Männer und Frauen wichtig sein, die an Demokratie, soziale Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit glauben, aber auch an einen Staat, der sich um die menschenwürdigen Lebensumstände seiner Bevölkerung sorgt.
Deshalb fordern wir nicht nur die aktive und fortwährende Unterstützung für die SYRIZA-Regierung seitens der griechischen Bevölkerung, sondern die aktive Unterstützung durch die sozialen und politischen Kräfte in ganz Südeuropa.
Wir fordern auch die Unterstützung solcher Kräfte in ganz Europa und durch all jene, die sich gegen die Austeritätspolitik wenden und uns allen – gemeinsam als Kollektiv und solidarisch – neues Wachstum ermöglichen wollen.
Durch unsere Kämpfe, die wir täglich führen und gewinnen – ob klein oder groß – werden auf die europäische Bevölkerung bald bessere Zeiten warten.
Für die vollständige Fassung siehe:
– Französisch: http://syriza-fr.org/2014/11/05/intervention-d-alexis-tsipras-lors-de-la-session-du-comite-executif-du-pge-a-athenes/
– Griechisch: http://left.gr/news/al-tsipras-i-niki-toy-syriza-stin-ellada-tha-einai-i-niki-tis-elpidas-se-oli-tin-eyropi