Das Abkommen des Europäischen Rates zum künftigen, für die Jahre 2014-2020 geltenden Finanzrahmen ist gänzlich inakzeptabel. Es bereitet den Weg für sieben Jahre Austeritätspolitik und Wirtschaftsabschwung in Europa und untergräbt den Begriff der europäischen Solidarität.
Im Gegensatz zu den offiziellen Beteuerungen schlagen die europäischen Staats- und Regierungschefs Kürzungen vor allem in jenen Bereichen vor, die das Leben der europäischen Bürger_innen in Zeiten der Krise am meisten betreffen, wie bspw. der Europäische Sozialfonds. Mit Entsetzen stellen wir fest, dass die europäischen Staatsoberhäupter beschlossen haben, die ärmsten Bürger_innen am härtesten zu strafen: Das der Lebensmittelversorgung gewidmete Budget, das für den Zeitraum von 2007 bis 2013 3,5 Milliarden Euro betrug, wird für die Jahre von 2014 bis 2020 drastisch auf 2,5 Milliarden Euro zusammengekürzt; wobei bedacht werden muss, dass die EU dann 28 statt 27 Mitgliedsstaaten umfassen wird. Die Solidarität wird einmal mehr auf dem Altar der Budgetsparmaßnahmen geopfert, während die Zahl der Personen, die unter der Armutsgrenze leben, bereits zwischen 2008 und 2012 von 18 auf 25 Milliarden angestiegen ist.
Das ist eine Schande, die nur der wachsenden Ablehnung der Europäischen Union durch ihre Bevölkerungen Nahrung gibt. (…)
Wir lehnen die Richtung gänzlich ab, die die europäische Politik zu lange schon eingeschlagen hat. Wir weisen aufs Schärfste allgemeine Budgetkürzungen zurück, welche alle europäischen Bürger_innen bestrafen, aber als erste und in vorderster Reihe die Jugend, die Arbeitenden, die Erwerbsarbeitlosen, die Bauern und Bäuerinnen, die Fischer, Wissenschaftler_innen, Akademiker_innen, Umweltprojekte, die Regionen (…) Ohne europäische Programme, die nach Bedarf und Wichtigkeit finanziert werden, wird alles, was das tägliche Leben der europäischen Bürger_innen betrifft, aufs härteste getroffen, wenn es keine Möglichkeit der Lukrierung zusätzlicher Unterstützung aus nationalstaatlichen Budgets gibt.
Die Abstimmung der Resolution des Europäischen Parlaments über die Beschlüsse des Europäischen Rates den Mehrjährigen Finanzrahmen für 2014-2020 betreffend wird über die ökonomische und soziale Dimension hinausgehen, die uns so wichtig ist. Wenn das Europäische Parlament der Entscheidung der Staatschefs zustimmt, verzichtet es auf seine eigene Entscheidungsmacht.
Die Bestimmungen der Verträge geben dem Europäischen Rat, der sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten auf europäischer Ebene zusammensetzt, das Recht, den Gesamtumfang des Mehrjährigen Finanzrahmens und den Gesamtumfang für jeden Bereich (Kohärenz, Landwirtschaft usw.) zu bestimmen. Der Rat schickt diesen Vorschlag an das Europäische Parlament, das ihn entweder annehmen oder ablehnen kann. Der allgemeine rechtliche Rahmen wird zwischen diesen zwei Institutionen im Detail und in Übereinstimmung mit den üblichen gesetzgebenden Abläufen verhandelt, innerhalb dessen beide Einrichtungen gleiche Mitbestimmungsrechte haben sollten. (…)
Wir brauchen ein anderes Europa, das erst neu gegründet werden muss, um eine echte Demokratie zu werden. Ein Europa mit einem umverteilenden Budget, ohne eine Sparpolitik als Reaktion, ein Europa für all seine Bürger_innen. Dies ist das Europa, für das wir uns einsetzen.
Wir gehen mit einer Warnung. Die fortgesetzte Austeritätspolitik und die autoritäre Macht der europäischen Staats- und Regierungschef_innen führen zu gesellschaftlichem Niedergang, zum Abbau der Souveränität und zur Zerstörung der Demokratie.
Der Widerstand der Menschen ist unausweichlich. Und er wird grenzenlos sein.
Strassburg, 12. März 2013
Unterzeichnet von:
Alexis Tsipras, President of Syriza
Catarina Martins, co-President of Bloco de Esquerda
João Semedo, co-President of Bloco de Esquerda
Cayo-Lara, Federal Coordinator of Izquierda Unida
Katja Kipping, co-President of Die Linke
Bernd Riexinger, co-President of Die Linke
Pierre Laurent, National-secretary of the French Communist Party
Martine Billard, co-President Parti de Gauche
Jean-Luc Melenchon, co-President Parti de Gauche
Nikolaos Chountis, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Jürgen Klute, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Marisa Matias, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Alda Sousa, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Younous Omarjee, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Marie-Christine Vergiat, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Cornelia Ernst, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Patrick Le Hyaric, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Jacky Henin, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Gabriele Zimmer, Member of the European Parliament GUE/NGL group
Gregor Gysi, President of the left group DIE LINKE in the German Bundestag
Martina Michels, Member of the Committee of the Regions, Member of the Berlin City Parliament
Diether Dehm, Chairing European Politics in the left group DIE LINKE of the German Bundestag
Wulf Gallert, President of the committee of Chairs of the DIE LINKE in the national parliaments
Dimitrios Papadimoulis, Syriza
Francis Wurtz, former President of GUE/NGL