Um den symbolischen und gleichzeitig politischen Einfluss der zornigen Demonstrationen während des Besuchs der deutschen Kanzlerin in Athen gering zu halten, brachten die griechischen Behörden einen Plan „angewandter” politischer Unterdrückung zum Einsatz. Am Ende des Tages hatten die groß angelegten Polizeimaßnahmen – an denen von der Bereitschaftspolizei über die Staatspolizei bis zu Verkehrspolizisten alle Einheiten beteiligt waren – zur Anhaltung von 317 BürgerInnen in der GADA, dem Hauptquartier der Polizeidirektion der Region Attika (dem Athener Äquivalent von Scotland Yard), geführt, ohne dass dem Haftbefehle vorausgegangen wären. Viele Personen, die grundlos zur GADA verschleppt wurden, mussten Handschellen tragen – etwas, das während Anhaltungen als illegal gilt. Ein griechischer Polizist wurde beschuldigt, eine protestierende Frau als menschlichen Schutzschild missbraucht zu haben, und 24 Protestierende wurden aufgrund nicht überprüfbarer Vorwürfe verhaftet. Wichtig zu erwähnen ist, dass sich unter den Verhafteten auch ein 13-jähriger Junge befand. Alle Verhaftungen fanden während der Demonstration und mit Bezugnahme auf die Anti-Terror-Gesetzgebung statt, die in Griechenland in der Praxis eine Behinderung für gewerkschaftliche und politische Betätigung darstellt. Die 24 Verhafteten wurden des Tragens von Gegenständen beschuldigt, z.B. von Masken oder Tüchern, die angeblich zur Gesichtsverhüllung während der Durchführung terroristischer Akte gedient hätten. In Wahrheit trugen die Verhafteten Tücher und Masken zum Schutz vor Chemikalien und dem Tränengas, das die Bereitschaftspolizei während der Demonstration gegen sie einsetzen würde, bei sich.
Vier Tage später wurden unter dem Druck der Opposition und einer breiten Solidaritätsbewegung die ersten 17 Verhafteten freigelassen. In der Zwischenzeit hatten die Behörden allerdings die Porträts der Verhafteten auf der Polizei-Website veröffentlicht, wodurch die Unschuldsvermutung und grundlegende Menschenrechte verletzt wurden.
Es wird auch berichtet, dass eine Woche vor Angela Merkels Besuch in Griechenland einmal mehr Polizeiwillkür geherrscht hatte: Jene fünfzehn AntifaschistInnen, die im Verlauf von Zusammenstößen mit Unterstützern der Neo-Nazi-Partei Goldene Morgenröte in Athen verhaftet worden waren, gaben an, dass sie in der Polizeidirektion der Region Attika (GADA) gefoltert worden und ihrem Rechtsanwalt zufolge Erniedrigungen im Stil von Abu-Ghraib ausgesetzt waren.
Diese unkontrollierte physische und psychische Brutalität von Seiten der Polizeikräfte gegen die Gesellschaft kann als Teil eines größeren Plans zur Unterdrückung der sozialen Proteste angesehen werden, die mit der Zustimmung zum ersten Memorandum eingesetzt haben. In Wirklichkeit haben sich in dieser intensivsten Phase der Finanz- und Politikkrise in Griechenland die griechischen Behörden dafür entschieden, die Demokratie zu unterwandern und den Repressionsapparat zu „aktivieren“, um damit die soziale Bewegung gegen die Sparprogramme einzudämmen.