Am 11. März organisierte die Association Culturelle Joseph Jacquemotte eine Diskussionsrunde bei Espace Marx in Brüssel. Die beiden größten belgischen Gewerkschaften (FGTB und CSC) sowie zwei ohne Papiere – also „schwarz“ bzw. „undokumentiert“ – Beschäftigte waren eingeladen, um über Klassenbewusstsein und Solidarität zwischen undokumentiert und „regulär“ Arbeitenden in Belgien zu sprechen.
Die ACJJ beschäftigt sich intensiv den Themen Migration und Arbeit. Im vergangenen Jahr untersuchte die Konferenz „Die Linke und Migration“ die Konvergenzem im Kampf von Migrant_innen/Nicht-Migrant_innen und Minderheiten. Im Jänner wurde in einer ersten Veranstaltung aus dem Zyklus über Imageänderung von Migrant_innen die mediale Schlacht zu den Aktionen der Gruppe 450 Afghanen ohne Status diskutiert.
Bei dem nunmehrigen zweiten Treffen wollten wir besagte Themen unter dem Gesichtspunkt der Rolle von Gewerkschaften bei der Einbindung von undokumentiert Arbeitenden in den gesellschaftlichen Kampf und im Aufbau einer Solidaritätsstrategie zwischen belgischen und migrantischen Arbeiter_innen, mit und ohne Arbeitserlaubnis, besprechen.
Im Kontext von Globalisierung und Wirtschaftskrise fühlen sich belgische Arbeiter_innen durch migrantische Arbeiter_innen bedroht und reagieren negativ auf sie. Die Parteien und gewerkschaftlichen Organisationen des linken Spektrums waren nicht immer Willens oder in der Lage, universalistische Antworten zu geben und die Ausweitung der Migrant_innenrechte zu fordern.
Darum ist die Integration von undokumentiert Arbeitenden in den gesellschaftlichen Kampf nicht leicht. Regulär und undokumentiert Arbeitende haben jedoch viele Interessen gemeinsam. Diese Ähnlichkeiten könnten den gemeinsamen Kampf gegen den Neoliberalismus vorantreiben (Kampf gegen Sozialdumping, Ausbeutung, sich verschlechterende Arbeitsbedingungen, Lohnkürzungen etc.). Diese Gemeinsamkeiten werden zur verbesserten Wahrnehmung von „schwarz“ arbeitenden Migrant_innen in unserer Gesellschaft führen. Es wird klar werden, dass die Verteidigung der Interessen aller auch für die belgischen Arbeiter_innen einen Weg darstellt, für ihre eigene Rechte zu kämpfen.
Die Gewerkschaften haben eigene Abteilungen für undokumentierte Arbeit eingerichtet. Diese unterstützen die Arbeiter_innen, verteidigen ihre Rechte und vertreten sie gegenüber politischen Institutionen. Sie organisieren Veranstaltungen zur Sensibilisierung der regulär Arbeitenden dahingehend, welche Interessen sie mit Schwarzarbeiter_innen teilen. Die Gewerkschaft FGTB wird zu diesem Thema Empfehlungen für politische Institutionen in Belgien herausgeben.
Die Diskussionen waren überaus fruchtbar. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Zivilgesellschaft als Ganzes profitieren würde von einer Sensibilisierung für die Lebenssituation undokumentiert Arbeitender, von der Hervorhebung der Gemeinsamkeiten des Kampfes aller Arbeitenden, von der Schaffung eines „Klassenbewusstseins“; und profitieren würden auch Gewerkschaften und andere Verbände (z.B. Organisationen, die Student_innen unterstützen), Bildungseinrichtungen, Medien (Mainstream und alternative) sowie vormals undokumentiert Arbeitende, die sich weiterhin aktiv für die Rechte von Migrant_innen einsetzen.