Die Situation vor den Wahlen am 24. und 25. Februar zeigt ein ziemlich düsteres Bild der politischen Lage. Auf der einen Seite scheint es nach zwanzig Jahren Berlusconi erstmals so, dass der reaktionäre Block (dessen Mitglieder sich selbst als moderat bezeichnen) dauerhaft zerbrochen bzw. in zumindest zwei Teile gespalten ist.
Den einen Teil bildet die übliche Achse Berlusconi-Lega Nord, während sich der zweite um „Doktor“ Monti zu einer präsentableren und europäischen Rechten versammelt, die sich der Europäischen Volkspartei annähert.
Andererseits haben wir eine rechte Mitte, die versucht, Glaubwürdigkeit zu gewinnen und gleichzeitig die EU und die Märkte zu beruhigen, wobei sie vorgibt, den Sparkurs in Entwicklung und Wachstum verwandeln zu können. Aus diesem Spektrum hat sich die 5-Sterne-Bewegung entwickelt, als Protest- und alternative Stimme gegen die regierenden Parteien, die das institutionelle Gefüge bis zum heutigen Tag beherrschen. Gleichzeitig scheint es für die Liste der Linken, Rivoluzione Civile, immer schwieriger, ein gutes Ergebnis zu erreichen.
Personalistische Zugänge und die Einmischung der Parteien in das Management des öffentlichen Sektors haben zu Unzufriedenheit mit und zu Entfremdung von den Parteien und zum Versuch einer Wiederaneignung der Politik geführt.
Das derzeitige Wahlrecht sieht einen „Zuschlag für die Mehrheit“ für die stimmenstärkste Partei vor, wobei Unterschiede zwischen dem Repräsentantenhaus – wo die Mehrheit auf einem landesweiten Votum beruht – und dem Senat – wo die Mehrheit auf einem regionalen Votum beruht – bestehen. Das wiederum eröffnet für die linke Mitte eine Möglichkeit, eine Mehrheit zu erreichen, die in der Lage ist, das Land zu regieren, wodurch die Mitte-Links (einschließlich Sinistra Ecologia e Libertà) zu einem Handel mit „Doktor“ Monti gezwungen wäre oder sich für vorverlegte Neuwahlen entscheiden könnte.
Für die Linke gestaltet sich die Situation als schwierige. Nachdem sich Vendola von der Rifondazione getrennt und Sinistra Ecologia e Libertà gebildet hat (die jetzt von der Demokratischen Partei unterstützt wird), scheint der Versuch der Linken, ihren Platz jenseits der linken Mitte zu bestimmen, eine schwierige Augabe zu sein, insbesondere aufgrund der Mediensituation. Ihr Bemühen zeigt sich in einem Aufruf in letzter Minute, die vielen zersplitterten Kräfte der Linken zusammenzubringen, um – selbst wenn es sie geben sollte – eine Alternative zu den Proteststimmen darzustellen, die aktuell von der 5-Sterne-Bewegung gesammelt werden. Die Beschleunigung des Wahlkampfgeschehens und die „Wertungen“ des Misstrauens gegenüber Persönlichkeiten der Linken haben zum Teil den von unten kommenden Schub für eine neue Form linker Politik diskreditiert. Trotz alledem trägt der Prozess, der von Rivoluzione Civile in Gang gesetzt wurde und der Parteien und Bürger_innen der sogenannten Zivilgesellschaft umfasst, Entwicklungspotential zum Aufbau einer linken Alternative in Italien in sich.