Mit 20 % Stimmanteil (+ 8,9 %) wurde die Kommunistische Partei Österreichs hinter der konservativen Österreichischen Volkspartei (33,5 %) zweitstärkste Fraktion im Stadtparlament. Die KPÖ überflügelte nicht nur die Grünen (12 Prozent) und die rechte FPÖ (13,9 %), sondern auch die Sozialdemokratische Partei (15,3 %).
In Graz verfügen die österreichischen KommunistInnen bereits seit geraumer Zeit über eine solide kommunalpolitische Verankerung. Die Daten der ersten Nachwahluntersuchungen legen allerdings nahe, dass es sich beim Abschneiden der KPÖ dieses Mal nicht nur um ein lokalpolitische Ereignis handelt, sondern auch um den Ausdruck einer allgemein-politischen Frustration der ÖsterreicherInnen. Obwohl insgesamt von der Krise weit weniger dramatisch erfasst als die südeuropäischen EU-Staaten, zeichnet sich auch in Österreich ein sozialer Klimawechsel ab. 75 % der KPÖ-WählerInnen sahen laut einer Befragung des Instituts SORA die KPÖ bei der Wohnungspolitik als kompetent an. Das entspricht dem in jahrelanger kompetenter Arbeit aufgebauten lokalpolitischen Profil der Partei; 60 % allerdings halten die KPÖ auch bei der Bekämpfung von Korruption und 40 % bei Zuwanderung und Integration für kompetent.
Interessant ist das Wahlverhalten nach Erwerb. 22 % der ArbeiterInnen wählten SPÖ, 24 % die KPÖ. Damit erweist sich die KPÖ auch in sozialdemokratischen Kernwählerschichten als Alternative. Der Niedergang der österreichischen Sozialdemokratie, die seit 2007 wieder den Bundeskanzler stellt, kommt damit erstmals nicht in erster Linie der deutschnationalen Rechten, sondern einer linken Partei zu Gute.
Wie nachhaltig sich das Ergebnis der Grazer Gemeinderatswahlen, das sich an einen ebenfalls österreichweit wahrgenommenen Wahlerfolg der KPÖ in der niederösterreichischen Stadt Krems anschließt, sein wird, ist noch nicht absehbar. Bei den bevorstehenden Wahlen im südlichsten Bundesland Österreichs, Kärnten, konstituierte sich inzwischen ein linkes Bündnis unter Beteiligung einer ehemals sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten, von Vertretern der slowenischen Volksgruppe und der Landesorganisation der KPÖ. Die KPÖ hat bekannt gegeben, ein ähnliches Bündnis bei den im kommenden Jahr bevorstehenden Wahlen zum Parlament anzustreben. Sollte eine solche Verbreiterung nicht gelingen, so wird sie als KPÖ selbständig antreten.
Detailergebnisse und Wählerströme siehe: http://derstandard.at/1353207317843/Die-Graz-Wahl-im-Detail