In Bulgarien wurden am 12. Mai vorgezogene Parlamentswahlen abgehalten. Sie waren eine Folge des Rücktritts der regierenden Partei GERB, der durch beispiellose und im ganzen Land stattfindende massive Proteste im Februar durchgesetzt worden war.
Die Wahlen waren von Fälschungen, Stimmenkauf und dem Druck, bestimmten Parteien die Stimme zu geben, begleitet. Den VertreterInnen der kleineren Parteien wurde in mehreren Wahlkreisen die Teilnahme an der Stimmenauszählung untersagt. In vielen Fällen wurde ihnen auch eine Kopie der Protokolle einzelner Wahllokale verwehrt.
Lediglich vier der mehr als 40 angetretenen Parteien und Koalitionen werden im neuen Parlament repräsentiert sein. Mit 30,5 Prozent konnte die konservative GERB die meisten Stimmen auf sich vereinen. Die Sozialistische Partei Bulgariens (BSP), die dem rechten Flügel der Europäischen Sozialdemokraten angehört, bekam 26,6 Prozent. Für die Partei der Türkischen Minderheit in Bulgarien, DPS, stimmten 11,3 Prozent. Mit 7,3 Prozent wird die faschistische Ataka als viertgrößte Kraft zurück ins Parlament geholt. Die übrigen Kräfte, inklusive jene, die aus den Protesten hervorgingen, erhielten weniger als 0,5 Prozent. Laut offiziellen Zahlen erreichte die bulgarische Linke 0,17 Prozent.
Dies war die erste alleinige Kandidatur der Bulgarischen Linken bei Parlamentswahlen seit ihrer Gründung. Der Partei fehlt es einerseits an finanziellen Ressourcen, da ihr keinerlei Mittel durch die Regierung zur Verfügung gestellt werden; andererseits muss in Bulgarien jeder Medienauftritt bezahlt werden, da Wahlkampagnen äußerst kostspielig sind.
Das vorliegende Wahlergebnis wird von der Bulgarischen Linken für ungültig erklärt. Sie hat die Zentrale Wahlkommission zur sofortigen Annullierung der Parlamentswahlen aufgefordert und pocht zudem auf Neuwahlen unter internationaler Wahlbeobachtung im gesamten Land. Die Wahlen in Bulgarien waren von Betrug, Fälschung und Stimmenkauf gekennzeichnet, das Ergebnis für die Bulgarische Linke ist daher vernachlässigbar. In den Aufzeichnungen etlicher Wahlkreise scheinen die Stimmen von ParteifunktionärInnen und SympatisantInnen nicht auf. Und ein Großteil der für die Bulgarische Linke abgegebenen Stimmen wurden für ungültig erklärt. Die Bulgarische Linke unterstützt die Proteste der außerparlamentarischen Opposition; die vier politischen Kräfte im Parlament setzen auf Täuschung und Betrug und verfügen über keinerlei demokratische Legitimation. Ganz egal, welche Regierung ins Amt berufen wird, sie wird nicht die realen politischen Verhältnisse im Land widerspiegeln.
Der Ausgang kann noch nicht prognostiziert werden: Das neue Parlament wird am 21. Mai zusammengesetzt, und der Präsident wird der GERB die Vollmacht für die Regierungsbildung übertragen. Da die drei anderen Parteien – die BSP, die DPS und die Ataka – bereits angekündigt haben, einer GERB-Regierung die Unterstützung zu verweigern, wird angenommen, dass es zu keiner Regierungsbildung der GERB kommen wird. In diesem Fall wird das Mandat zur Bildung eines Kabinetts an die Sozialistische Partei Bulgariens (BSP) übertragen. Im Hinblick auf im Vorfeld stattgefundene Gespräche mit den restlichen Parteien wird die BSP versuchen, mit der DPS (Partei der Türkischen Minderheit) und der faschistischen Ataka eine Koalition zu bilden. Aber auch die Annullierung der Wahlen sowie Neuwahlen innerhalb der nächsten Monate können nicht ausgeschlossen werden, zumal die GERB bereits angekündigt hat, mit dieser Angelegenheit vor das Verfassungsgericht zu gehen. Ausgehend von dieser Dynamik ist es schwierig vorherzusagen, welches Szenario sich entwickeln wird. Wir halten Euch auf dem Laufenden.
Wahanalyse vom 15. Mai