Die Nichtbeteiligung von 39% stellte ein Rekordhoch für die französischen Kommunalwahlen dar. Besonders hoch war sie bei der Wähler_innenschaft in den städtischen Gebieten, die besonders von der Krise betroffen ist: bei der jungen Bevölkerung, bei Arbeiter_innen und Wähler_innen der Front de Gauche (Linke Front) und der FN (Nationale Front). Darüber hinaus waren beinahe drei Millionen potentielle Wähler_innen nicht im Wahlregister eingetragen.
Für die PS (Sozialistische Partei) stellte dieser Wahlausgang ein Waterloo dar. Von den 160 Gemeinden mit PS-Mehrheit über 20.000 Einwohner_innen hielt die Partei 82, verlor 78 und gewann 2 von der PCF (Französische Kommunistische Partei) und 2 von der Rechten. Traditionelle Bastionen wie Limoges brachen zusammen. Während Lyon und Paris gerettet werden konnten, büßte die PS viele städtische Gebiete ein, die gegenüber ländlichen Gebieten ständig an Macht gewinnen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Wähler_innen mit der PS großteils unzufrieden sind und sich daher umorientieren – und nicht auf ein neuerliches Erstarken der Rechten. Nicht alle Konsequenzen sind sofort absehbar. Die einstige Vorherrschaft der PS in beinahe allen Institutionen und Körperschaften (in der Nationalversammlung und im Senat, in beinahe jeder Region, dem Großteil der Départements und großen Städte) liegt nun in Scherben. Bei der Sitzung des neuen Senats im September wird sich die Macht zur Rechten verlagern; für die Regionalwahlen und Wahlen in den Départements 2015 sieht es für die Linke sehr düster aus. Die Partei selbst wird in ihrer Struktur zutiefst erschüttert werden, da ihre Struktur stark mit ihrer sicheren Verankerung in den Institutionen verbunden ist.
Es ist schwierig, Vergleiche für die PCF und den Front de Gauche anzustellen, da sich ihre Situation seit dem Jahr 2008 stark verändert hat. Von den 2.901 Gemeinden mit mehr als 3.500 Einwohner_innen führte die PCF in 109 der Allianzlisten von Linker und PS. Von den Listen des Front de Gauche ohne die PS siegte die PCF in 399 Orten, die Parti de Gauche (Linkspartei) in 43 Städten, während 36 Gemeinden von Nicht-Parteimitgliedern gewonnen werden konnten. In 107 Städten führte die Parti de Gauche die Listen ohne die PCF an, die in diesen Gebieten eine Allianz mit der PS eingegangen war. Es gibt einen klaren Trend zur Bildung von Listen, die unterschiedliche Ausformungen der Linken ohne die PS vorsehen. Jedoch hat die Abwesenheit von Front de Gauche-Listen in bestimmten Städten – ganz besonders in Paris – sowie die öffentlich sichtbare Krise innerhalb des Front de Gauche dafür gesorgt, dass sich keine dynamische Linksfront auf nationaler Ebene materialisieren konnte. In manchen Städten erzielten solche Listen gute Resultate, ohne von der PS in den Abgrund mitgerissen zu werden. Die PCF musste nach einer geradezu stabilen Phase 2008 wieder signifikante Verluste auf lokaler Ebene hinnehmen – ein Prozess, der 1977 seinen Ausgang nahm. In 137 Städten mit mehr als 3.500 Einwohner_innen hält sie die Mehrheit, verlor 47 und gewann 12, darunter 2 wichtige: Aubervilliers und Montreuil in Île-de-France.
Bei der Rechten waren die UMP (Union für eine Volksbewegung) und die UDI (Union der Demokraten und Unabhängigen) die großen Gewinner, die heute in 269 Städten mit mehr als 20.000 Einwohner_innen an der Macht sind, verglichen mit 187 vor den Wahlen. Der FN tritt aus dieser Wahl gestärkt hervor: Er gewann 9 Städte mit mehr als 10.000 Einwohner_innen dazu, 4 von der Linken (im Norden) und 5 von der Rechten (im Süden). Die durchlässige Beziehung zwischen den Wähler_innen der Rechten und der extremen Rechten wurde bestätigt. Insgesamt ist der FN, nachdem Sarkozy dort um Stimmen geworben hat, auf das Niveau von 1995 zurückgekehrt. In der ersten Runde präsentierte er Listen in 597 Städten, wo 1.033.521 Stimmen gewonnen wurden (1995 waren es 512 Städte und 924.000 Stimmen). Die Rechte als Ganzes gewinnt nun die Schlachten auf den Straßen (nach den großen Demonstrationen von 2013), in den Arbeiter_innengegenden, wenn es um Ideen geht, und auch an der Wahlurne.
In Anbetracht dieses historischen Zusammenbruchs der Sozialdemokratie und ihrer politischen Position, die innerhalb der PS zu einer Existenzkrise führen könnte, muss sich der Front de Gauche dringend neu formieren (wie auch im Zuge des Marsches gegen Austerität am 12. April oder mit der Zustimmung zur Zusammensetzung der Listen für die Europawahl) und eine neue Strategie finden, um eine breitere Basis zu erreichen, die gemeinsam für linke Politik kämpft.