Wie zu erwarten, brachte das WSF in Tunis zwei Jahre nach dem Aufstand gegen Ben Ali ein starkes Moment der Solidarität mit den Bewohner_innen Tunesiens zum Ausdruck. Es war aber eine Veranstaltung, die das demokratische Lager in der arabischen Welt insgesamt stärkte.
All jenen Menschen in der heutigen Welt, die vom Aufschwung der Jasmin-Revolution in Tunesien angesteckt worden sind, brachte es einen Schub an Energie und Dynamik – und das trotz der Schwierigkeiten, die sich insbesondere in der Ermordung von Chokri Belaid, dem charismatischen Führer der tunesischen Volksfront, widerspiegeln.
Die Frauen waren stark präsent, mit einer anspruchsvollen und kämpferischen Frauenverssammlung. transform! europe hielt ein Seminar zum Thema „Feminismus und Revolution“ ab, das alle fortschrittlichen Bewegungen der Region ansprach und – mit 100 Teilnehmer_innen – einen beeindruckenden Erfolg darstellte.
Alle Bevölkerungsteile der Staaten des Maghreb und des Mashrik waren stark vertreten: 500 Palästinenser_innen, 300 Ägypter_innen, 500 Marokkaner_innen, 250 Algerier_innen (wobei viele Gewerkschafter_innen die Grenze nicht überqueren durften), 150 Saharaui, 100 Libyer_innen, 80 Jordanier_innen, 60 Iraker_innen.
Am Forum nahmen insgesamt 60.000 Menschen teil, wobei starke Delegationen aus den Ländern des europäischen Mittelmeerraums kamen. Darüber hinaus nahmen auch zahlreiche Vertreter_innen aus den „neuen Bewegungen“ teil, die überall entstanden sind und sich die Jasmin-Revolution zum Vorbild genommen haben, unter ihnen die Indignados aus verschiedenen europäischen Ländern, aber auch aus der Occupy-Bewegung, den Studierendenbewegungen von Quebec, den Bewegungen arbeitsloser Universitätsabgänger_innen aus dem Maghreb, der Gruppe Y’en a marre („Genug ist genug“) aus dem Senegal… Was auch immer die Unterschiede zwischen ihnen sein mögen, all diesen Jugendbewegungen ist gemeinsam, dass im Zentrum ihrer Anliegen die Demokratie und der Wille stehen, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen angesichts eines neoliberalen Systems, das genau dies zu verhindern trachtet.
transform! hat beim WSF neun Seminare abgehalten und damit zur Analyse der Krise und möglicher Alternativen beigetragen. transform! ist innerhalb des WSF von Anbeginn an ein eigenständiger Akteur. Indem es sich mit strategischen Themen befasst, die für alle Bewegungen bedeutsam sind, stellt es die Frage nach der Bildung von Fronten und Koalitionen, um eine Linke aufzubauen, und ruft politische Kräfte und soziale Bewegungen dazu auf, einen Dialog aufzunehmen, mit dem Ziel, Gemeinsamkeiten zu finden, damit – angesichts der Krise – eine linke kulturelle Hegemonie entstehen kann.
Das Thema des im Juni in Athen stattfindenden Alternativengipfels (Alter-Summit) war auf dem Forum ebenfalls stark präsent.
Die vom heurigen WSF ausgehende Dynamik hat allen europäischen sozialen Bewegungen, die in Tunis präsent waren, Auftrieb gegeben. Der Wind eines neuen Internationalismus wehte über Tunis…
Bildergalerie von Roberto Morea